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In Bern geboren, als Sohn eines Vaters aus der französischen Schweiz und einer amerikanischen Mutter, wuchs Georges Wagniere mehrsprachig auf. Nach bestandener klassischer Matur immatrikulierte er sich an der Abteilung für Naturwissenschaften der ETH in Zürich. Anschliessend an den Erwerb des Diploms in chemisch-physikalischer Richtung, setzte er seine Studien in den USA an der Harvard University fort. Dort promovierte er, nach Vertiefung seiner Kenntnisse in Physik, im besonderen Fach "Chemische Physik" (Ph.D. in Chemical Physics). Das Interesse an der Anwendung moderner physikalischer Verfahren auf chemische Probleme war damals sowohl in den USA als auch in Europa im Wachsen begriffen. Methoden der Molekülspektroskopie und der Quantenchemie wurden nicht nur an den Hochschulen, sondern in zunehmendem Masse auch in der chemischen Industrie eingesetzt. An der damaligen Basler Firma CIBA AG hatte sich eine Forschungsgruppe für Farbstoff-Molekülphysik gebildet, welcher sich Georges Wagniere im Jahre 1962 als wissenschaftlicher Mitarbeiter anschloss. Ziel dieser Forschung war, die Wechselwirkung chemischer Verbindungen mit Licht aufgrund ihrer Zusammensetzung und Struktur besser zu verstehen. Auf das WS 1965 wurde Georges Wagniere als Assistenzprofessor für Physikalische Chemie, insbesondere Quantenchemie, an die Universität Zürich berufen. Am Physikalisch-Chemischen Institut befasste er sich mit quantenchemischen Berechnungen zur Deutung der vielfältigen optischen Eigenschaften mehratomiger Moleküle. Dies beinhaltete sowohl algebraische als auch numerische Arbeit. Der Computer wurde bald zum unerlässlichen Hilfsmittel. Georges Wagniere wandte sich der besonderen Frage zu, wie sich Moleküle in ihrem optischen Verhalten unterscheiden, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten, also chiral, bzw. enantiomer sind. Entsprechende Messmethoden, wie die optische Rotationsdispersion und der Zirkulardichroismus, waren von wachsender Bedeutung für die stereoselektive Chemie. Diese Fragestellungen veranlassten Georges Wagniere, sich später auch weiteren Gebieten der molekularen Optik zuzuwenden, insbesondere der Magnetooptik und der nichtlinearen Optik. So entstanden mehrere Arbeiten über nichtlineare Optik in chiralen Medien und zum magnetochiralen Effekt. Neben der Bearbeitung von theoretischen Fragen, führte Georges Wagniere mit seinen Mitarbeitern auch einschlägige Experimente durch. Ende der 90er Jahre gelang seiner Forschungsgruppe die erstmalige Messung der magnetochiralen Licht- Doppelbrechung.
1969 zum Extraordinarius, 1978 zum Ordinarius ernannt, beteiligte sich Georges Wagniere an der Ausbildung in Physikalischer Chemie auf allen Stufen, sowohl für den Diplomlehrgang in Chemie, als auch in Biochemie und Biologie. Geprägt von seinen Erfahrungen als Student in den USA, interessierte er sich ebenfalls für methodische und organisatorische Frage des Hochschulunterrichtes, sowie für allgemeine Bildungs- und Forschungspolitik. So war er im Verlaufe der Jahre Mitglied verschiedener inner- und ausser-universitärer Gremien und Kommissionen zu diesen Themen. Von 1990-92 war er Dekan der Philosophischen Fakultät II. In dieser Funktion interessierte ihn besonders das interdisziplinäre Zusammenwirken verschiedener Wissenszweige.
Von 1985-1990 gehörte Georg Wagniere dem Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds an. Er diente später als Mitglied der Expertengruppe des Nationalen Forschungsprogramms "Chemie und Physik an Oberflächen" und präsidierte anschliessend die Expertengruppe des Nationalen Forschungsprogramms "Nanowissenschaften".
Zwei mehrmonatige Aufenthalte am IBM Forschungslabor in San Jose, Kalifornien, trugen wesentlich dazu bei, seinen wissenschaftlichen Kontakt mit den USA aufrechtzuerhalten. Als Gastdozent an der Universität Lausanne hielt Georges Wagniere während zwei Semestern Vorlesungen über chiroptische Methoden in der chemischen Analytik. Neben wissenschaftlichen Publikationen in Fachzeitschriften und Vorlesungs-Skripten, ist er Autor von drei Lehrbüchern.
Nach seiner auf das WS 99 erfolgten Emeritierung verfolgte Georges Wagniere noch weiter seine naturwissenschaftlichen Interessen. Eine Zusammenarbeit mit dem Hochfeld-Magnetlabor der Max Planck-Gesellschaft und des CNRS in Grenoble über magnetochirale Effekte wurde weitergeführt.